Teilprojekt 1: Die dritte Ebene - Musiktheatervermittlung und strukturelle Abhängigkeiten
Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Theaterwissenschaft
Leitung: Prof. Dr. Christopher Balme
Mitarbeit: Dr. Sebastian Stauss
Assoziierte Wissenschaftlerin: Katja Meroth, M.A.
Hilfskraft: N.N.
Im Teilprojekt 1 wird ein doppelter Fokus auf Musiktheatervermittlung gelegt: Erstens wird sie diskursgeschichtlich bis zu ihren Anfängen auf den Organisationsebenen von Pädagogik und Öffentlichkeitsarbeit im Musiktheaterbetrieb zurückverfolgt – vor allem im Kontext von Publikums- und Stakeholderkrisen. Im europäischen Vergleich mit der deutschen Staats- und Stadttheaterlandschaft werden Italien und das Vereinigte Königreich betrachtet. Bei allen Unterschieden der regionalen Dichte und Reichweite(n) von Musiktheater wird nach dem Prinzip der Konkordanz untersucht, inwieweit sich gerade durch besondere Kombinationen von Besucher*innenkommunikation und Pädagogik/Education, über den traditionellen Spartenbetrieb hinaus, neue Organisationsformen von Musiktheater herausbilden. Zweitens werden die spezifischen Methoden und zugrundeliegenden Vorannahmen von Vermittlung sichtbar gemacht. Dazu werden die Theoriemodelle der Figur des Dritten und des cultural diamond herangezogen, die sowohl sozialwissenschaftlich eine Rollenbestimmung und Differenzierung dritter Personen und Funktionen als auch eine kulturtheoretische Einordnung ihrer Chancen und Risiken ermöglichen.
Vergleichende Fallanalysen werden bezüglich der Ausrichtung und Anbindung von Musiktheatervermittlung an kommunale und regionale Institutionen für die Lombardei/IT und die West Midlands/GB durchgeführt. Dabei werden auch weiter gefasste Netzwerk-Aspekte untersucht, z.B. bezogen auf das internationale Forum RESEO (Réseau européen de sensibilisation à l'opéra). Neben Archiv- und Datenrecherche zu bisherigen Projekten werden mittels Interviews und Umfragen Positionen und Methoden der Vermittlung erfasst und reflektiert.
Auch auf das Corona-Querschnittsprojekt der Forschungsgruppe hin werden die Fragestellungen fokussiert: a) Welche Möglichkeiten der Musiktheatervermittlung bestehen, aus einem engeren, kommunalen Organisationsrahmen heraus (trans)regionale Plattformen für Musiktheater zu entwickeln? Und b) Welche Potentiale werden in Italien und im Vereinigten Königreich anders genutzt als in Deutschland? Inwieweit Musikvermittlung durch die Corona-Krise an Dynamik zulegt oder einbüßt, wird im Ländervergleich auch vor dem zeithistorischen Hintergrund unterschiedlich ausgeprägter Ökonomisierung, betrieblicher Deregulierung und kulturpolitischer Evaluierungsmechanismen analysiert.