Krisengefüge der Künste
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Teilprojekt 2: Markt als Krise — Institutioneller Wandel und Krisendiskurse in der Freien Theaterszene

Leibniz Universität Hannover
Institut für Interdisziplinäre Arbeitswissenschaft

Universität Trier
Neuere deutsche Literaturwissenschaft

Leitung: Prof. Dr. Axel Haunschild und
Prof. Dr. Franziska Schößler 

Mitarbeit: Mara Ruth Wesemüller, M.A., Anja Quickert, M.A., Silke zum Eschenhoff, M.A. 

 

Das Teilprojekt fokussiert die strukturellen Veränderungen in der Freien Theaterszene am Beispiel der beiden Standorte Hannover und Berlin, um die Heterogenisierung von Arbeitsprozessen, die Entwicklung neuer Arbeitsformen, den daraus resultierenden Wandel der Selbstverständnisse der Akteur*innen sowie ihren Umgang mit Krisensemantiken im Zusammenhang mit ihren künstlerischen Produktionsweisen zu untersuchen. Das zu analysierende Arbeitsfeld Freie Theaterszene ist als Teilbereich des Arbeitsmarkts Darstellende Künste ein öffentlich finanzierter Nonprofit-Sektor, der sich über die Merkmale selbstständiger und selbstorganisierter Theaterarbeit vom Arbeitsprofil der befristeten, angestellten Beschäftigungsverhältnisse der städtischen und staatlichen Repertoire-Theater unterscheidet und sich im Wesentlichen projektbezogen – das heißt über die einmalige, öffentliche Förderung eines einzelnen Kunstprojekts – finanziert. Aus dieser grundlegend anderen Arbeits- und Finanzierungsstruktur ergeben sich vielfältige Konsequenzen für die jeweiligen Arbeitsmarkt- Segmente, die Einfluss auf die künstlerische Praxis und das ästhetische Produkt nehmen und Gegenstand der geplanten Untersuchung sind. Beide Arbeitsformen – die freie Theaterarbeit sowie die Arbeit der institutionalisierten Repertoire-Theater – sehen sich gegenwärtig starker öffentlicher Kritik ausgesetzt und sind mit Veränderungen ihrer institutionellen Förderstrukturen konfrontiert. Dieser Trend ist Anlass und Gegenstand von Krisendiskursen.


Im Windschatten der Krise traditioneller Kulturförderung werden die flexibleren Produktionsstrukturen der Freien Theaterszene vor allem dann in die Diskussion eingebracht, wenn es darum geht, über eine grundlegende Reform des Theatersystems nachzudenken, nicht zuletzt unter fiskalpolitischem Druck. Denn in den Arbeitszusammenhängen und -weisen freier Theaterschaffender wird ein Zukunftspotenzial vermutet, das mit den Tendenzen flexibilisierter Arbeit in anderen Branchen vergleichbar ist: zum Beispiel durch das kollektive Erarbeiten
von Stoffen und Aufführungen mit Risikoverteilung auf die Produzierenden sowie durch das Arbeiten im Netzwerk mit einem Pool von Expert*innen, auf die regelmäßig zurückgegriffen wird. Das Teilprojekt nimmt insgesamt eine komplementäre Analyse der wirtschaftlichen, sozialen und künstlerischen Situation freier Theaterschaffender von 1989 bis heute aus arbeits- und theaterwissenschaftlicher Perspektive anhand einschlägiger Gruppen und Produktionen der Standorte Berlin und Hannover vor. Dem interdisziplinären Ansatz wird dadurch Rechnung getragen, dass theater- und literaturwissenschaftliches sowie institutionentheoretisches und arbeitssoziologisches Wissen verknüpft wird, um u.a. den vielschichtigen Zusammenhang von Produktionsbedingungen und ästhetischen Ausdrucksformen zu untersuchen.

 


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