Teilprojekt 1: Die dritte Ebene — Musiktheatervermittlung und der enkulturative Bruch
Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Theaterwissenschaft
Leitung: Prof. Dr. Christopher Balme
Mitarbeiter: Dr. Sebastian Stauss
Im Teilprojekt wird ein doppelter Fokus auf Musiktheatervermittlung gelegt: Erstens wird sie diskursgeschichtlich bis zu ihren Anfängen auf den Organisationsebenen von Pädagogik und Öffentlichkeitsarbeit an deutschen Opernhäusern zurückverfolgt. Zweitens werden ihre besonderen Methoden und zugrundeliegenden Vorannahmen sichtbar gemacht. Dazu wird das Theoriemodell der „Figur des Dritten“ herangezogen, das sowohl sozialwissenschaftlich eine Rollenbestimmung und Differenzierung dritter Personen und Instanzen als auch kulturtheoretisch die Einordnung von Chancen und Risiken ermöglicht.
Konfliktpotential birgt aus der Sicht von Theaterpädagogen z.B. die Ausweitung der musiktheatralen Vermittlungsarbeit auf Strategien des Audience Development, wie auch die aus Massenmedien und Großveranstaltungen (Events) bekannten Adressierungen von Zielgruppen. Diese sind im Teilprojekt ebenfalls Betrachtungsgegenstand, insbesondere als Phänomene der enkulturativen Brüche und einer Abkehr von vormals und werkbasierter Rezeption von Musiktheater. Die Strategien der Musiktheatervermittlung seit den späten 80er und 90er Jahren dienen im Teilprojekt damit auch als ein Gradmesser, inwieweit die Musiktheaterrezeption immer stärker an neuen und neuesten Medien ausgerichtet wird.
Zu den Arbeitsschritten des Teilprojektes gehört zunächst, ausgehend von Archivrecherche zu den ersten Vermittlungssparten, eine erstmalige geschichtliche Darstellung der Entwicklung und Formen von Musiktheatervermittlung. In einem Folgeschritt soll das aktuelle Vermittlungsprogramm in vier unterschiedlichen städtischen Betrachtungsräumen produktionsbezogen eingeordnet und analysiert werden. Fokussiert werden dabei einerseits institutionenbezogen neue Vermittlungsformate im Theaterbetrieb und andererseits, standortrelevant, der öffentliche und mediale Rahmen der jeweiligen Vermittlungsprogramme.
In einem weiteren Schritt werden die gewonnenen Erkenntnisse zu Figuren des Dritten in der Musiktheatervermittlung auf bereits vorliegende Studien zum Musiktheater-Publikum und zu den enkulturativen Brüchen rückbezogen. Der angestrebte Erkenntnisgewinn besteht im Aufschluss über die Reichweite von Vermittlungsangeboten und ihre Positionen im Wandel gesellschaftlicher und politischer Diskurse zu Kultur und Bildung.